Rede im Bundestag
zum Einzelplan 30 im Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt
Liebe Kolleg*innen sehr geehrte Präsidentin,
Auf seinem offiziellen Instagram Kanal posaunt das Ministerium heraus, ich zitiere: „In Expertenkreisen wird der Mond längst als achter Kontinent betrachtet.“ und fordert damit, sich an der Weltraum-Kolonialisierung zu beteiligen. Ja Servus, Frau Ministerin! Wie wäre es, wenn Sie sich lieber mal mit den realen Herausforderungen der Menschen auf diesem Planeten hier beschäftigen.
Stattdessen feiern Sie Ihre milliardenschwere Hightech-Agenda. Erst letzte Woche in der aktuellen Stunde dazu wurde deutlich: die realen Probleme der Menschen sind darin komplett ausgeblendet. In Ihrem Hochglanz-Projekt fördern Sie Konzerne und Märkte, statt Transparenz, demokratische Kontrolle und gemeinwohlorientierte Projekte. So darf Fortschritt nicht aussehen. Technischer Fortschritt muss endlich auch sozialer Fortschritt sein.
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie doch gerne daran erinnern, dass in Ihrem Verantwortungsbereich auch die Hochschulen hierzulande liegen. Die Probleme hier sind offensichtlich: marode Gebäude und ein gewaltiger Investitionsstau, Kettenverträge und Abwanderung in der Wissenschaft, ein Bafög, dessen Höhe an Realitätsverweigerung grenzt und die Studierenden in die Armut oder zur Aufgabe ihres Studiums treibt.
Und schauen Sie sich doch auch mal die Bedingungen an, unter denen junge Menschen in diesem Land lernen: Hörsäle bröckeln, Labore stehen still, Turnhallen sind dicht. Der Investitionsstau ist gewaltig. Es ist fraglich, ob das neue Sondervermögen Infrastruktur, Schulen und Hochschulen überhaupt erreicht und wenn ja, in welcher Höhe. Klar ist aber jedenfalls: die Summen reichen nicht! Wir brauchen ein eigenes zweckgebundenes Bildungs-Sondervermögen Bildung: Für Planungssicherheit, klare Prioritäten, verlässliche Mittel – und zwar jetzt!
Aber während Sie weiter von Ihrer Hightech-Agenda träumen, haben wir hier massive Probleme überhaupt wissenschaftlichen Nachwuchs zu generieren: Das Befristungsunwesen ist mit guter Arbeit unvereinbar. Zusammen mit einer Finanzierung, die stark auf Drittmittel setzt, entsteht ein Konkurrenzdruck, der als häufigster Grund gilt, die Wissenschaft zu verlassen. So verspielen wir Lehre, Forschung und Innovation. Wir brauchen ein Förderprogramm zur Schaffung unbefristeter Stellen, verlässliche Karrierewege, klare Perspektiven und gute Arbeit.
Und auch bei der Ausbildungsförderung ist seit Jahren ein rückläufiger Anteil der Geförderten zu beobachten. Gleichzeitig ist jede dritte studierende Person von Armut betroffen. Das Bafög muss langfristig existenzsichernd werden und wieder deutlich mehr Studierende erreichen. Bildungszugang muss unabhängig vom Einkommen und Vermögen der Elternhäuser möglich sein. Der Höchstsatz muss rauf, damit das Bafög die realen Wohn- und Lebenshaltungskosten abbildet. Studierende zahlen Mondpreise für winzige WG-Zimmer, doch die Förderung hält damit nicht Schritt. Für junge Menschen aus Nichtakademikerfamilien entscheidet eine verlässliche und bedarfsgerechte Finanzierung über den Weg an die Hochschule.
Und wo wir schon bei der Ausbildungsförderung sind: Bildungs- Studienkredite sind aufgrund von Wucher-Zinssätzen mittlerweile zur Schuldenfalle geworden. Was früher ein zinsvergünstigtes KfW Darlehen war, ist nach den angepassten Zinssätzen zur Schuldenfalle geworden. Auch hier ist die Bundesregierung gefordert, gegenzusteuern, Zinsen zu begrenzen und Entlastung zu schaffen.
Schluss mit der Weltraumromantik unserer bayrischen Wannabe Astronaut*innen. Kümmern Sie sich endlich um die Bedürfnisse junger Menschen, statt diese in den Wehrdienst zu treiben und stärken Sie diese mit sanierten und zugänglichen Bildungseinrichtungen, fairer Studien- und Ausbildungsfinanzierung und sicheren Zukunftsperspektiven.
Rede im Bundestag
Digitalisierung und Staatsmodernisierung
Herr Wildberger war bis vor kurzem Geschäftsführer des bekannten Geiz-ist-Geil-Konzerns für Elektrogeräte. Jetzt rollt er ohne Verwaltungserfahrung direkt mit dem Chefsessel an den Kabinettstisch und wird Minister für Digitalisierung und Staatsmodernisierung. Für Regierungsmitglieder gibt es eine Karenzzeit, um mögliche Interessenkonflikte zu verhindern. Minister*innen dürfen also nach ihrer Amtszeit nicht in Unternehmen wechseln. Umgekehrt gilt das offenbar nicht - Vorstandsvorsitzende wie Herr Wildberger mit einem Jahresverdienst von 2,8 Millionen Euro dürfen direkt ein Ministerium leiten - und hierbei soll es dann keine Interessenskonflikte geben? I doubt it!
Staatsmodernisierung und Bürokratieabbau klingt erstmal gut, dagegen hat niemand etwas. Aber es ist doch kein Zufall, dass Merz zuerst die Konzerne mit dem Aus des Lieferkettengesetzes belohnen möchte. Dann müssten sie sich nicht mehr darum kümmern, ob ihre Produkte durch Kinderarbeit oder unter schwerer Umweltzerstörung hergestellt werden. Hat sich Herr Wildberger eigentlich mal angeschaut, unter welchen Bedingungen im globalen Süden die Rohstoffe für die Handys abgebaut werden, die er in Massen verkauft hat? Wahrscheinlich nicht und das muss er dann auch nicht mehr.
In der Sozialpolitik droht dagegen ein neues Bürokratiemonster. Die geplanten Sanktionsverschärfungen bedeuten, dass die Bürger*innen bei Arbeitslosigkeit jetzt wieder Vermögen, Wohnungsgröße und alle möglichen anderen Dinge angeben müssen, bevor sie den viel zu niedrigen HartzIV-Satz bekommen und bei kleinsten Versäumnissen schwer bestraft werden. Man kann nur hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht die angedeuteten Totalsanktionen verhindern wird.
Mit den Zauberworten Digitalisierung und Staatsmodernisierung werden Verbesserungen versprochen. Aber am Ende profitieren wieder nur die Konzerne und für die einfachen Leute ändert sich nichts, zumindest nicht zum Guten. Aber glauben Sie mir, damit lassen wir Sie nicht davonkommen!
